Wie Sie ein älteres Haus auf Passivhaus-Niveau modernisieren
Auch ältere Immobilien lassen sich so modernisieren, dass sie einen ähnlichen energetischen Standard erreichen, wie viele Neubauten: den Passivhausstandard.
In Hessen gibt es 1,36 Millionen Wohngebäude mit etwa 2,83 Millionen Wohnungen. Etwas mehr als zwei Drittel davon wurden vor 1978, also vor der Einführung der ersten Wärmeschutzverordnung errichtet und knapp ein Viertel von 1979 bis 2000, also vor dem Erlass der ersten Energieeinsparverordnung im Jahr 2002. Nur etwa sechs Prozent der Bestandsgebäude sind nach der Jahrtausendwende fertiggestellt worden. Die gute Nachricht: Mit der heute zur Verfügung stehenden Technik können Altbauten so modernisiert werden, dass sie genauso viel Energie verbrauchen, wie moderne Immobilien. Ein besonders hoher Standard ist das Passivhaus.
Unter Passivhaus versteht man ein Baukonzept, das darauf abzielt, dass Immobilien durch besonders gute Dämmung, Lüftungs- und Heiztechnik sehr wenig Energie verbraucht. Statt auf fossile Energieträger wie Öl oder Gas setzt man auf "passive" Energiequellen wie Sonne und Abwärme. Das Konzept wurde in Deutschland maßgeblich vom Passivhausinstitut Darmstadt entwickelt und gilt als wegweisend weltweit. Das Passivhaus ist also eine hessische Erfolgsgeschichte.
Hessen fördert Altbausanierungen
Passivhäuser sind nicht mehr nur im Neubau möglich, sondern auch bei der energetischen Modernisierung älterer Gebäude kann der Passivhausstandard annähernd erreicht werden. Solche vorbildlichen Projekte fördert das Land Hessen bereits seit 2008.
Gefördert werden Modernisierungsmaßnahmen in Gebäuden durch die der jährliche Heizwärmebedarf des Gebäudes auf maximal 25 Kilowattstunden (kWh) pro Quadratmeter reduziert wird. Bei der energetischen Modernisierung sollen passivhaustaugliche Komponenten, Bautechniken und Verfahren zur Anwendung kommen. Die Mehrausgaben gegenüber einer Modernisierung gemäß Gebäudeenergiegesetz (GEG) werden mit bis zu 50 Prozent bezuschusst. Eine Auswertung der gemessenen Verbrauchsdaten geförderter Projekte zeigt, dass mit der Modernisierung zum Passivhaus im Bestand eine sehr hohe Energieeinsparung erzielt wird.
So geht es: Vor Antragstellung ist eine Projektskizze beim Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen (HMWEVW) einzureichen. Das Ministerium leitet die Skizze an die HessenEnergie GmbH weiter. Sie ist mit der fachtechnischen Begleitung der Projekte beauftragt.Nach positiver Rückmeldung zur Projektskizze kann ein Antrag auf Förderung bei der Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen (WI-Bank) gestellt werden.
Details zur Förderung erhalten Sie im Merkblatt Passivhaus im Bestand sowie Beispiele, eine Projektskizze, einen Muster-Förderantrag, einen Kostenplan und weitere Infos am Ende der Seite. Mit Hilfe des Kostenplans lassen sich die Zuschüsse des Landes Hessens berechnen.
Projektskizze einreichen
Fachtechnische Begleitung
Förderantrag
Fragen und Antworten
Ist Passivhaus-Standard durch eine Modernisierung möglich?
Hinter dem Passivhaus-Standard verbirgt sich die Idee, Wärmeverluste zu vermeiden und sogar „rückzugewinnen“. Das funktioniert auch bei der Sanierung eines Altbaus durch ein intelligentes Lüftungssystem und einen hohen Dämmstandard. Entsprechende Vorgehensweisen sind erprobt. Spezialisierte Energieberaterinnen oder Energieberater können Sie hierzu beraten und das Land Hessen übernimmt bis zu 50 Prozent der Mehrkosten der zuwendungsfähigen Ausgaben für das Erreichen eines solchen Standards bei der Modernisierung.
Wie wird eine Modernisierung gefördert?
Neben der hessischen Förderung (siehe oben) unterstützt auch der Bund im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) ebenfalls ganzheitliche energetische Sanierungen, wenn diese auf eine Effizienzhausklasse 85 oder besser gebracht werden. Die Klassen reichen von 85 bis zu Effizienzhaus 40. Für Denkmalgeschützte Häuser gibt es hier Ausnahmen - wie auch bei der Passivhausförderung des Landes Hessen.
Grundsätzlich gilt: Je niedriger die Zahl bei der Effizienzhausklasse, desto besser die Energieeffizienz und umso höher fällt der Zuschuss aus.
Das bedeutet: Auch wer kein Passivhaus bei der Sanierung anstrebt, kann ganzheitlich mit hohen Fördersätzen sanieren.
Gut zu wissen: Entscheiden Sie sich jedoch für ein Passivhaussanierung in Hessen, haben Sie den Vorteil, dass Sie sowohl die Effizienzhausförderung auf Bundesebene in Anspruch zu nehmen, als auch die hessische Förderung für die Modernisierung auf Passivhausstandard.
Die beiden Zuschüsse können kumuliert werden. Bei insgesamt 60 Prozent der förderfähigen Kosten wird der Zuschuss aber gedeckelt. Kumulierte Förderungen werden hier laut BEG gedeckelt.
Wie kann ich aus meinem Haus ein Passivhaus machen?
Bei einer energetischen Modernisierung wird zum einen die Gebäudehülle (zum Beispiel Wände, Dach, Bodenplatte) gedämmt und zum anderen die technische Gebäudeausrüstung (Heizanlage, Lüftung, Digitalisierungen) verbessert und nachgerüstet. Aus der Kombination der verschiedenen Maßnahmen kann ein Niveau erreicht werden, ab dem nur in sehr geringem Maße Energie zugeführt werden muss. Man hat so den Autarkiegrad erhöht und schafft langfristig mehr Behaglichkeit.
Was sind die Voraussetzungen für die Passivhausförderung des Landes Hessen?
Gefördert werden Modernisierungsmaßnahmen in Gebäuden, durch die der jährlicheHeizwärmebedarf
des Gebäudes auf maximal 25 kWh pro Quadratmeter reduziert wird. Bei der energetischen Modernisierung sollen passivhaustaugliche Komponenten, Bautechniken und Verfahren zur Anwendung kommen. Die Mehrausgaben gegenüber einer Modernisierung gemäß Energieeinsparverordnung (EnEV) werden mit bis zu 50 Prozent bezuschusst.
Bei denkmalgeschützten Häusern kann eine Abweichung beim maximalen Heizwärmebedarf geprüft werden (mehr dazu unter Frage „Ich habe ein Haus unter Denkmalschutz. Kann ich die Passivhaus-Förderung dennoch in Anspruch nehmen?“)
Technische Voraussetzung:
„Voraussetzung für eine Förderung nach diesem Programm ist, dass die Investitionsmaßnahmen geeignet sind, einen jährlichen Heizwärmebedarf des Gebäudes von maximal 25 kWh pro Quadratmeter zu erreichen. Um die Wärmeverluste möglichst gering zu halten, ist darauf zu achten, dass Bauteile und wärmeführende Leitungsnetze kurz, kompakt und besonders wärmegedämmt ausgeführt werden.“ (Merkblatt Passivhaus im Bestand)
Bei den Förderprogrammen
ist zu beachten, dass grundsätzlich erst mit der Maßnahme begonnen werden darf, wenn ein rechtskräftiger Förderbescheid vorliegt.
Wie stellt man einen Antrag bzw. wie ist der Ablauf?
Bevor es an die Antragstellung geht, wird zunächst eine Projektskizze erstellt. Die Projektskizze wird vor der Antragstellung beim Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen eingereicht:
Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen Referat I 7 Energieeffizienz, Energieberatung Kaiser-Friedrich-Ring 75 65185 Wiesbaden
Ein Umfang von 3-6 Seiten mit den Eckpunkten des Projektes ist ausreichend.
Hier werden unter anderem Angaben zum Antragsteller und Objekt, dem geplanten Realisierungsrahmen und der Beschreibung des geplanten Vorhabens (in Text und Bild) gemacht. Im Merkblatt der WI-Bank finden Sie alle Hinweise zur Erstellung einer solchen Skizze.
Warum ist denn vor meiner Antragstellung überhaupt eine Projektskizze einzureichen?
So wird vorab überprüft, ob Ihr geplantes Sanierungsprojekt förderfähig ist bzw. ob Sie die Kriterien der Passivhausförderung erfüllen oder nicht.
Ein wichtiger Vorteil: Sie können erheblichen bürokratischen Aufwand sparen, wenn Sie vorher erfahren, ob Ihr Vorhaben förderfähig ist oder nicht.
Ich bin fast überzeugt! Aber…
Ich interessiere mich für eine Passivhaussanierung, aber der Planungsablauf eines solchen umfänglichen Projektes wirft dennoch viele Fragen auf. Wo kann ich mich unbürokratisch und unverbindlich informieren?
Wir verstehen, dass die Planung eines Passivhauses einen großen Schritt in Ihrem Leben bedeutet. Finanzierungen müssen erstellt, der Zeitplan sowie die Kosten und Förderungen müssen abgeschätzt und gegeneinander abgewogen werden. Alternativen müssen bedacht werden. Wir sehen uns als Wegweiser in der Fördermittellandschaft und beraten Sie gerne neutral auch zu allen weiteren alternativen Förderungen.
Außerdem können Sie den aktuellen Stand der Fördermöglichkeiten zu Ihren geplanten Maßnahmen auch über unsere Fördermitteldatenbank prüfen – alle Förderoptionen auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene haben Sie dann auf einen Blick! Geben Sie hierzu einfach Ihre Postleitzahl in unsere Fördermitteldatenbank ein: lea.foerdermittelauskunft.de
Ich habe ein Haus unter Denkmalschutz. Kann ich die Passivhaus-Förderung dennoch in Anspruch nehmen?
Hierbei ist zu beachten, dass für Sanierungsmaßnahmen bei Gebäuden mit Denkmalschutz eine Genehmigung von der zuständigen Denkmalschutzbehörde benötigt wird.
Hinsichtlich des Passivhausförderung des Landes Hessen, folgende Anmerkung:
In begründeten Ausnahmefällen (z.B. bei denkmalgeschützten Gebäuden oder bei baurechtlichen Einschränkungen) kann von der Anforderung, dass durch die Investitionsmaßnahmen ein jährlicher Heizwärmebedarf des Gebäudes von maximal 25 kWh pro Quadratmeter erreicht werden muss, abgesehen werden.
Dies setzt voraus:
a) das vorherige Einverständnis des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung;
b) die Einhaltung von Wärmedurchgangskoeffizienten für einzelne Hüllflächenbauteile wird optimiert.
Ein Tipp:
Bei den KfW-Förderungen gibt es für denkmalgeschützte Gebäude vereinfachte technische Mindestanforderungen! Mehr Infos finden Sie bei der der KfW.
Muss eine Luftdichtheitsplanung fürs Passivhaus durchgeführt werden?
Ja, das ist in jedem Fall erforderlich. Und nach der Maßnahmeumsetzung ist ein Blower-Door-Test durchzuführen, um so die Luftdichtheit Ihres Hauses energietechnisch zu überprüfen. Dabei ist ein maximaler Luftwechsel von n50 ≤ 1,0 h-1 einzuhalten.
Hinweis: Auch für den Blower-Door-Test gibt es einen Zuschuss vonmaximal 10 Prozent für die zuwendungsfähigen Investitionsmehrausgaben!
Best Practice Beispiele aus Hessen
In Hessen gibt es eine Vielzahl von energetischen Modernisierungen, die von Bund und Land gefördert wurden. Wir stellen Ihnen zwei Beispiele vor.
Dieses Einfamilienhaus wurde aufwendig saniert. "Man muss nicht neu bauen, um möglichst viel Energie zu sparen", so Architekt Peter Hinz. Er nennt weitere Vorteile des Passivhaus-Standards: "Sie bekommen ein komplett neues Wohngefühl, mehr Behaglichkeit, wohnen gesünder und die Wertbeständigkeit der Immobilie steigt."
Oft gehen bei der Sanierung Alt und Neu eine reizvolle Symbiose ein, wie dieses Bild aus dem gleichen Projekt zeigt: "Wir haben die Balken freigelegt, um den Charme des Alten zu erhalten", so Peter Hinz.
Fachwerk mit Geschichte: 235 Jahre alt ist dieses alte Gebäude in Rimbach - ein weiteres Beispiel aus Südhessen. Saniert wurde er nie. Entsprechend groß war die Herausforderung ihn auf Passivhaus-Standard zu modernisieren.
Fünf Jahre dauerte es. Das alte Fachwerk ist innen noch zu sehen. Von außen lässt sich kaum erahnen, dass es energetisch auf höchstem Niveau saniert wurde. Für Architekt Peter Hinz und seine Kollegen ist das ein Beweis dafür, dass der Passivhaus-Standard sich auf alle Gebäudetypen anwenden lässt. "Wir haben bereits Häuser, Gebäude, Firmen und Produktionshallen saniert. Für uns ist es kaum erklärlich, warum das Passivhaus nicht schon seit 20 Jahren Standard ist."
Mediathek: Passivhäuser in der Praxis
Das Passivhaus Institut stellte anlässlich des Jubiläums des ersten Passivhauses in einer kleinen Filmreihe Aspekte ihres Baukonzepts vor.
Weitere Infos finden Sie in der Passivhaus-Wissensdatenbank und Passivhaus-Beispiele weltweit in dieser Datenbank. Eine sehr ausführliche Abhandlung über die Altbausanierung mit Passivhauskomponenten finden Sie als PDF auf der Seite von hessenenergie. Ebenso ein Best-Practice-Beispiel eine Altbausanierung eines Zweifamilienhauses in Lorsch.