Eingerüstetes Einfamilienhaus in Darmstadt

Individueller Sanierungsfahrplan

Einfamilienhaus, Darmstadt

Mit Sanierungsfahrplan ins neue Glück

Das Haus aus dem Jahr 1928 hat einen hohen Energiebedarf, aber ebenso viel Charme. Damit es den auch nach innen ausstrahlt und energetisch auf dem neuesten Stand ist, wird es nun auf Energieeffizienz getrimmt. Und das nach Plan.  

Das Einfamilienhaus in Darmstadt wurde 1928 erbaut und hat eine Wohnfläche von rund 150 Quadratmetern. Es besteht aus zwei Vollgeschossen und einem unbeheizten Keller. Die Gasheizung stammt aus dem Jahr 1994. Immerhin sind die Leitungen im Keller gedämmt, doch die Umwälzpumpe ist alt und ungeregelt. Wärme im Wohnbereich schaffen Flachheizkörper mit Thermostatventilen. Die Fassade ist massiv gebaut und außen ungedämmt. Die Fenster sind teils undicht und mit Einfachverglasung. Bei Neubauten ist heutzutage die Dreifachverglasung Standard. Im ausgebauten Steildach finden sich Feuchteschäden. Die Kellerdecke besteht aus ungedämmten Gewölbekappen. Somit weist das Einfamilienhaus vom Keller bis in die Dachspitze ein hohes Energiesparpotenzial aus - ein klarer Fall für einen individuellen Sanierungsfahrplan.

Auf Basis einer Besichtigung, einer Gebäudeanalyse und der Erfassung der Wünsche der Immobilienbesitzer wurde ein individueller Sanierungsfahrplan erstellt, der vier Maßnahmenpakete definiert (siehe Bild).

Individueller Sanierungsfahrplan

Den vollständigen Sanierungsfahrplan inklusive Umsetzungshilfe können Sie im Original hier herunterladen.  

Sanierungsfahrplan (PDF)

"Die größte Herausforderung war es, den Anmut des Hauses zu wahren und dennoch die höchste Energieperformance zu erreichen. Der Sanierungsfahrplan führt dazu, dass die Heizlast des fast 100 Jahre alten Gebäudes spürbar gesenkt und moderner Wohnkomfort geschaffen wird."

Portrait Professor Dieter Blome
Dieter Blome
Energieberater und Architekt

Maßnahmenpaket 1: Dach und Keller

Das Maßnahmenpaket 1 umfasst energetische Verbesserungen an Dach, Gauben und Kellerdecke des Gebäudes. 

Dachdämmung:

  • Für eine energetische Sanierung des Dachs wird eine Kombination aus Aufsparrendämmung und Zwischensparrendämmung eingesetzt. Dabei kommt zunächst eine Aufsparrendämmung mit acht Zentimeter dicken Holzweichfaserplatten zum Einsatz. Diese wird von außen auf die Dachsparren aufgebracht. Sparren sind die schrägen Balken, die das Dach von der oberen bis zur unteren Kante tragen. Die Holzweichfaserplatten haben eine Wärmeleitgruppe (WLG) 040, was bedeutet, dass sie eine Wärmeleitfähigkeit von 0,040 W/(m·K) besitzen. Je niedriger dieser Wert, desto besser dämmt das Material.
  • Zusätzlich wird zwischen den Sparren eine Zwischensparrendämmung eingebracht. Dafür wird ein Dämmstoff mit einer Dicke von 20 Zentimetern und einer Wärmeleitgruppe 035 verwendet – also einem noch besseren Dämmwert von 0,035 W/(m·K).
  • Durch diese Kombination aus innerer und äußerer Dämmschicht werden Wärmeverluste deutlich reduziert, die Energieeffizienz des Hauses gesteigert und der Wohnkomfort erhöht. Gleichzeitig werden sogenannte Wärmebrücken – also Bereiche, an denen Wärme ungewollt entweichen kann – wirksam minimiert.

Gaubendämmung:

  • Die Sanierung der Gauben wird entsprechend der Dachdämmung umgesetzt, wobei Baustoffe an die vorhandene Konstruktion angepasst werden.

Kellerdeckendämmung:

  • Um die Raumhöhe im Keller zu erhalten, wird eine nur fünf Zentimeter dicke Dämmung an der Unterseite der Kellerdecke angebracht. Dadurch steigen die Fußbodentemperaturen im Erdgeschoss, was den Wohnkomfort erhöht und die Wärmeverluste über die Kellerdecke deutlich reduziert. Gleichzeitig sinkt das Risiko für Schimmelbildung, da die Oberflächentemperatur steigt und Kondensation vermieden wird.

Kosten und Energieeinsparungen:

  • Investitionskosten: 52.000 Euro
  • Mögliche Förderung: 10.400 Euro
  • Energieeinsparung: Durch die Sanierung wird der Endenergiebedarf um 19 Prozent gesenkt – das sind 22.158 Kilowattstunden pro Jahr weniger. Der Bedarf sinkt von 113.683 auf 91.525 Kilowattstunden jährlich. Der Energiebedarf ist der theoretische Wert unter Standardbedingungen, während der Energieverbrauch den tatsächlichen, gemessenen Verbrauch im Alltag beschreibt. Sanierungen reduzieren den Bedarf und helfen so, den Verbrauch dauerhaft zu senken.

Der Sanierungsfahrplan empfiehlt bei der Dachsanierung darauf zu achten, dass der Anschluss an die Außenwand luftdicht erfolgt und dies durch einen Luftdichtheitstest belegt wird. Mit Blick auf die Errichtung einer PV-Anlage im Maßnahmenpaket vier soll das beauftragte Unternehmen Leitungsdurchführungen mitdenken. Nach der Dämmung des Dachs sollte ihr Heizungssystem durch einen hydraulischen Abgleich an die verringerten Anforderungen angepasst werden.

Dachbalken ohne Dämmung
© Rundel / LEA Hessen

Dach mit Decke

Gut zu erkennen: Auf dem Dach werden Holzsparren als Basis für die Ziegel montiert.  Die Holzweichfaserplatten darunter wirken wie eine zusätzliche Decke für das Haus. 

Ungedämmte Gaube
© Rundel / LEA Hessen

Großzügige Gauben

Gute Aussichten: Die großzügigen Gauben schaffen mehr Wohnraum und Licht. Zwischen den Sparren ist viel Raum für eine Dämmung, die im Winter die Wärme drinnen und im Sommer die Hitze draußen hält.   

Im Ausbau befindlicher Dachstuhl
© Rundel / LEA Hessen

Raum für Träume

Schon jetzt im Ausbau lässt sich gut erkennen, dass hier einer der schönsten neuen Räume des Hauses entsteht und dass eine energetische Sanierung nicht nur Energie spart, sondern auch Raum zum Wohlfühlen schafft.  

Ungedämmte Kellerdecke
© Rundel / LEA Hessen

Kühler Keller

Dem Keller sieht man das Baujahr 1928 an. Damit die Fußbodenheizung darüber energieeffizienter läuft, erhält die Decke eine Dämmung. 

"Eine Kombination aus Aufsparren- und Zwischensparrendämmung ist besonders platzsparend, da im Gegensatz zur Untersparrendämmung kein Wohnraum verloren geht. Eine gute Dämmung des Dachs wird in Zeiten immer neuer Hitzerekorde immer wichtiger: Sie sorgt im Winter dafür, dass die Wärme im Haus bleibt, und schützt im Sommer vor übermäßiger Hitze. Damit trägt sie sowohl zur Energieeffizienz als auch zum Wohnkomfort bei."

Portrait Christian Doerhoefer
Christian Dörhöfer, LEA Hessen

Maßnahmenpaket 2: Fenster und Außenwände

Das Maßnahmenpaket 2 konzentriert sich auf die Verbesserung der Fenster und der Außenwanddämmung des Gebäudes. Dazu wird ein Wärmeverbundsystem außen aufgebracht.  Es setzt sich aus Dämmplatten zusammen, die auf den bestehenden Putz aufgebracht und sowohl verklebt als auch verdübelt werden. Anschließend wird ein Oberputz aufgetragen, der aus Armierungsmörtel, einem Gewebe und einer abschließenden Deckschicht besteht.

Fenstererneuerung:

  • Austausch der alten Fenster durch neue mit Drei-Scheiben-Wärmeschutzverglasung. 
  • Die Maßnahme reduziert Wärmebrücken, verbessert die Energieeffizienz und erhöht den Wohnkomfort.

Dämmung der Außenwände:

  • Die Außenwände werden mit einem Wärmedämmverbundsystem (WDVS) aus 14 Zentimeter dicken EPS-Platten gedämmt. EPS steht für expandiertes Polystyrol, umgangssprachlich oft als Styropor bekannt. Es handelt sich um einen hartschaumartigen Dämmstoff, der aus vielen kleinen, aufgeschäumten Polystyrolkügelchen besteht.
  • EPS-Platten sind ein sehr verbreitetes Dämmmaterial im Bereich der Fassadendämmung, da sie kostengünstig, leicht zu verarbeiten, langlebig sind und eine gute Dämmwirkung pro investiertem Euro bieten. Wer jedoch großen Wert auf ökologische Aspekte legt, findet auf unserer Altbauwebsite alternative Dämmstoffe mit besserer Umweltbilanz: Altbau und Energiesparen / LEA - LandesEnergieAgentur
  • Dies verringert Wärmeverluste, minimiert Schimmelrisiken und sorgt für eine gleichmäßige Oberflächentemperatur der Innenwände.

Kosten und Energieeinsparungen:

  • Investitionskosten: 70.000 Euro. 
  • Mögliche Förderung: 12.000 Euro.
  • Energieeinsparung: 66 Prozent des Endenergiebedarfs, was 75.198 Kilowattstunden pro Jahr entspricht. Der Energiebedarf sinkt weiter auf 38.485 Kilowattstunden pro Jahr.

Die Maßnahmen des zweiten Pakets tragen wesentlich zur Reduktion des Heizenergieverbrauchs bei und verbessern sowohl die Energieeffizienz als auch den Wohnkomfort deutlich.

Abmontierte alte Fenster
© Rundel / LEA Hessen

Ausrangiert

Nicht mehr modern und hohe Wärmeverluste: der Ausbau der alten Fenster ging schneller als der Einbau der neuen ...  

Modernes Fenster mit Dreifach-Verglasung
© Rundel / LEA Hessen

Fenster mit "warmer Kante"

Die neue Drei-Scheiben-Wärmeschutzverglasung verfügt über eine "warme Kante". Das bedeutet, dass der Glasrandverbund verbesserte Dämmwerte aufweist. 

Außenwand eines alten Einfamilienhauses mit Baugerüst.
© Rundel / LEA Hessen

Schicht um Schicht

Der nächste Schritt: Ein Wärmeverbundsystem aus verschiedenen Schichten schützt das Haus vor Wärmeverlusten und Schlagregen.

"Zusammen mit den Hauseigentümern wollten wir die energetische Sanierung im Rahmen der Fördermöglichkeiten optimal umsetzen. Bei der Entscheidung half uns der individuelle Sanierungsfahrplan: Es zeigte sich, dass die KfW-Förderung für eine Gesamtsanierung attraktiver ist als Einzelmaßnahmen. "

Portrait Professor Dieter Blome
Dietrich Blome
Energieberater und Architekt

Maßnahmenpaket 3: Wärmepumpe und Lüftung

Das vorletzte Maßnahmenpaket fokussiert sich auf die Optimierung der Heiztechnik, der Warmwasserversorgung und der Lüftung. 

Wärmepumpe: 

  • Ersatz der bestehenden Heizungsanlage durch eine Luft-Wasser-Wärmepumpe, die mit Strom aus dem Strommix betrieben wird.
  • Förderung: Im Rahmen der KfW-Heizungsförderung können bis zu 70 Prozent der Kosten übernommen werden – bezogen auf eine maximal förderfähige Investitionssumme von 30.000 Euro. In der Praxis liegt die Förderung häufig bei 55 Prozent. Bei Gesamtkosten über 30.000 Euro ergibt sich so ein staatlicher Zuschuss von bis zu 16.500 Euro.

Warmwasser:

  • Nach dem Einbau übernimmt die neue Wärmepumpe sowohl die Heizungs- als auch die Warmwasserbereitung.

Lüftung:

  • Installation einer Zu- und Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung. 
  • Empfohlene dezentrale Geräte für eine Pendellüftung sorgen für eine einfache Nachrüstung ohne umfangreiche Verrohrungen.

Kosten und Förderung

  • Gesamtkosten: 50.000 Euro
  • Mögliche Förderung: 18.500 Euro. 16.500 Euro über die KfW für Heizung und Warmwasser und 2.000 Euro über die BEG EM für die Lüftungsanlage.
  • Energieeinsparung: Nach Umsetzung der Maßnahmen sinkt der Energiebedarf auf 6.800 Kilowattstunden pro Jahr. Durch den Einsatz einer effizienten Luft-Wasser-Wärmepumpe mit einer angenommenen Jahresarbeitszahl (JAZ) von mindestens 3,0 müssen davon nur rund 2.270 Kilowattstunden Strom pro Jahr zugeführt werden. Die restlichen rund 4.530 Kilowattstunden werden als Umweltwärme kostenfrei aus der Außenluft gewonnen – ganz ohne fossile Energieträger.

Eine Besonderheit des Maßnahmenpakets ist die Lüftungsanlage: Sie sorgt für stetige Frischluftzufuhr. Vorteil: Der Frischluftstrom erfolgt systematisch, ohne dass Fenster geöffnet werden müssen. Zudem filtert die Lüftungsanlage Staub, Pollen und Feinstaub aus der Außenluft. Eine optimal eingestellte Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung spart aber vor allem auch Energie: Die aus dem Haus angesaugte warme Abluft strömt durch einen Wärmetauscher, wo die Wärme auf die frische, kalte Außenluft übertragen wird. So strömt bereits vorgewärmte Frischluft ins Haus. Energieberater Blome rät der Familie zu einem dezentralen Lüftungsgerät, da es den Aufwand für umfangreiche Verrohrungen spart.  

Eine Wärmepumpe vor einem Haus, das gerade saniert wird.
Leitfaden für Wärmepumpen

Wärmepumpen sind in Neubauten längst Standard. Das renommierte Institut für Wohnen und Umwelt (IWU) hat im Auftrag des Hessischen Energie- und Wirtschaftsministeriums untersucht, ob und wann sich Wärmepumpen in bereits bestehenden Gebäude lohnen und gibt viele Tipps. 

Leitfaden

Maßnahmenpaket 4: Photovoltaik

Ein Mann montiert Solarpanele auf einem Dach.
© AdobeStock/Elenathewise

Als letzte Maßnahme nennt der individuelle Sanierungsfahrplan eine PV-Anlage, die erzeugte Solarenergie direkt zur Stromversorgung der Wärmepumpe verwendet, was die Effizienz des Heizsystems steigert und die Betriebskosten senkt.

Kosten und Förderung:

  • Gesamtkosten: 20.000 Euro
  • Förderung: Bis auf die teilweise Mehrwertsteuerbefreiung, keine weitere bundesweite Förderung für die Installation der PV-Anlagen zum Zeitpunkt der Planung.
  • Energieeinsparung: Der Endenergiebedarf des Gebäudes wird im Vergleich zum Ist-Verbrauch vor dem Start in den Sanierungsfahrplan um 95 Prozent gesenkt, von 113.683 Kilowattstunden pro Jahr auf 5.637 Kilowattstunden. 
Viel bewahrt, viel gespart

Die Sanierung des Gebäudes der Familie Blum ist ein gelungenes Beispiel für nachhaltiges Bauen. Durch die Erhaltung des alten Gebäudes bleibt ein großer Teil der Grauen Energie erhalten – jener Energie, die bei der Errichtung des Hauses von 1928 für Materialherstellung, Transport und Bau aufgewendet wurde. Gleichzeitig hebt die energetische Sanierung die Effizienz des Gebäudes auf das Niveau eines modernen Neubaus.

Die Maßnahmen führen zu beeindruckenden Ergebnissen: Der jährliche Endenergiebedarf sinkt um 95 Prozent – von ursprünglich 113.683 Kilowattstunden auf nur noch 5.637 Kilowattstunden. Das entspricht einer Einsparung von 108.047 Kilowattstunden. Damit wird nicht nur der Energieverbrauch drastisch reduziert, sondern auch ein bedeutender Beitrag zum Klimaschutz geleistet.