
Leitfaden zur Planung und Errichtung von Wärmenetzen
Erscheinungsdatum
23.04.2025
Themenfeld
ExpertinExperte, Kommune, Unternehmen, Wärme
Geothermie
Es hat was von Gold schürfen: In der Erde liegt ein Schatz, den Hessen für seine Energiewende nutzt.
Die im Erdinneren gespeicherte Wärme wird auch Geothermie genannt. Diese Wärme kann zum Heizen und Kühlen von Gebäuden, für die Warmwasserbereitung und Stromerzeugung genutzt werden. Erdwärme steht konstant Tag und Nacht, im Sommer wie im Winter zur Verfügung.
In Deutschland wird Geothermie aktuell vor allem zur Heizwärmegewinnung genutzt. Dieser Teil der Energiewende, die Wärmewende, muss dringend vorangetrieben werden, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Die Temperatur – und damit auch die nutzbare Energie – steigt mit zunehmender Tiefe an: in Deutschland um durchschnittlich drei Grad Celsius pro hundert Meter. Wenn man von einer Temperatur von zehn Grad in 20 Metern Tiefe ausgeht, bedeutet das 13 Grad in 120 Metern Tiefe, 16 Grad in 220 Metern Tiefe usw. Bis zu einer Tiefe von 400 Metern wird von oberflächennaher Geothermie gesprochen, ab 400 Metern von mitteltiefer und ab 1000 Metern von Tiefengeothermie.
Bei der Nutzung oberflächennaher Erdwärme oder des Grundwassers als Wärmequelle, kommt in der Regel die Wärmepumpe zum Einsatz, um die Temperatur auf ein technisch nutzbares Niveau anzuheben. Wird die Wärmepumpe ausschließlich mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben, handelt es sich um eine CO2 freie Wärmeerzeugung.
Zur Erschließung der oberflächennahen Erdwärme stehen verschiedene Technologien zur Verfügung. In Deutschland sind die häufigsten Anlagentypen Erdwärmesonden, die die mittels einer Bohranlage meist bis zu 100 Meter tief in die Erde eingelassen werden. Darin zirkuliert ein flüssiges Wärmeträgermittel, das die Wärme aus dem Untergrund aufnimmt und zur Wärmepumpe transportiert. Diese erhöht anschließend die Temperatur noch weiter, so dass man Gebäude damit heizen kann. Nach dem gleichen Prinzip funktionieren Erdwärmekollektoren. Hier werden horizontal Rohrleitungen in geringer Tiefe in der Erde verlegt. Auch Mischformen sind möglich. In geothermischen Brunnenanlagen wird Grundwasser gefördert und die Wärmeenergie des Wassers über einen Wärmetauscher auf den Kreislauf der Wärmepumpe übertragen. Die meisten Systeme könnten auch umgekehrt, zum Eintrag von Wärme in die Erde genutzt werden und stehen damit auch zur Gebäudekühlung zur Verfügung.
Generell eignet sich Erdwärme sowohl für die Wärmeversorgung von Neubauten als auch für viele Bestandsgebäude. Letztere spielen für die nötige Wärmewende eine besonders große Rolle. Klimafreundliche Systeme wie Wärmepumpen mit verschiedenen Wärmequellen können zu großer Effizienzsteigerung und CO2-Einsparung bei der Wärmeerzeugung führen, wenn sie alte, auf fossilen Brennstoffen basierende Systeme ersetzen.
2019 basierte in Hessen zum ersten Mal der größte Teil der Heizungen in neu gebauten Wohnungen im Schwerpunkt auf erneuerbaren Quellen. Das ist vor allem dem zunehmenden Einbau von Wärmepumpen zu verdanken. Das Bild prägen zur Zeit Luftwärmepumpen, die die Umgebungswärme aus der Luft nutzen. Erdgebundene Wärmepumpen, die die Geothermie nutzen werden leider trotz ihrer hohen Effizienz noch in deutlich geringerem Maße eingebaut. Das Land Hessen möchte mit verschiedenen Maßnahmen diesen Trend umkehren und die Ausbauzahlen erdgebundener Wärmepumpen helfen deutlich zu erhöhen. Dafür würden unter anderem sogenannte geothermischen Steckbriefen für 23 Kommunen in Hessen erstellt, die Planern und Bauherrinnen und -herren als Entscheidungshilfe dienen sollen.
Der Einbau von Wärmepumpen wird vom Staat sowohl in Neubauten als auch im Bestand gefördert. Zum einen gibt es Zuschüsse vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), zum anderen bietet die Förderbank Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zinsgünstige Kredite . Alternativ können Sanierungskosten teilweise steuerlich geltend gemacht werden.
Die Mitteltiefe und die Tiefengeothermie spielen in Hessen noch eine untergeordnete Rolle. Zwar gibt es interessante Wärmepotentiale im nördlichen Oberrheingraben und im Bereich der Frankfurter Wärmeanomalie. Bis heute ist aber deren technische Nutzung nur in einem Projekt in Heubach gelungen. Um das Potenzial weiter zu erforschen, bietet das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz ein Förderprogramm zur Exploration von mitteltiefer und tiefer Geothermie an. Im Fokus liegt der Aus- und Aufbau geothermischer Projekte für die kommunale Wärmeversorgung, aber auch Förderungen von Industrieprojekten sind möglich.
Wünschenswert ist, dass auch in Hessen einmal Potentiale in der Tiefe identifiziert werden, deren Temperaturniveau und Wasservorkommen hoch genug ist, um in einem Geothermiekraftwerk neben der Wärmegewinnung auch Strom zu erzeugen. Dies wurde mit einem Projekt in Trebur angestrebt. Die Messungen an einer entsprechenden Bohrung haben aber die Möglichkeit des Betriebes eines Geothermiekraftwerkes zunächst nicht erkennen lassen. Wird mittels der Wärme auch Strom produziert, spricht man von Kraft-Wärme-Kopplung.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz bietet ein Förderprogramm zur Exploration von mitteltiefer und tiefer Geothermie an.
Das erste hessische mitteltiefe Geothermie-Forschungs- und Entwicklungsprojekt ist beim Energieversorgungsunternehmen Entega in Groß-Umstadt im Landkreis Darmstadt-Dieburg angesiedelt. Die Anlageninvestition und die wissenschaftliche Begleitung des Projektes wurde vom Hessischen Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt, Weinbau, Forsten, Jagd und Heimat (HMLU) gefördert. Die Anlage im Ortsteil Heubach, die seit 2012 in Betrieb ist, hat eine 773 Meter tiefe Erdwärmesonde und heizt die Produktionsgebäude eines mittelständischen Industriebetriebes. Zudem wurden acht Erdwärmesonden mit Tiefen von 82 bis 138 Metern zur Kühlung von Bürogebäuden errichtet. In dem Projekt soll auch geprüft werden, inwieweit sich diese Technik für andere Anwendungen eignet, etwa für platzsparende Wärmegewinnung im innerstädtischen Bereich.
Bohrungen für Erdwärmesonden können sich – je nach Standort – auf das Grundwasser auswirken. Deshalb bedürfen Erdwärmesonden grundsätzlich einer wasserrechtlichen Erlaubnis. In Hessen regelt der Erlass „Anforderungen des Gewässerschutzes an Erdwärmesonden“ das Verfahren. In der Schutzzone III/IIIA von Trinkwasserschutzgebieten sind Erdwärmesonden grundsätzlich nicht zulässig. Das gilt nicht für Erdwärmekollektoren, die mindestens einen Meter über dem höchsten Grundwasserstand liegen, und für Erdwärmekörbe, Spiral- oder Schneckensonden, sofern die Einbautiefe von drei Metern nicht überschritten wird.
Für Erdwärmesondenanlagen bis 30 Kilowatt (kW) Heizleistung in „günstigen Gebieten“ kann das Erlaubnisverfahren mit vereinfachten Antragsunterlagen durchgeführt werden, wenn bestimmte Auflagen an Bauausführung und Betrieb eingehalten werden. Eine fortlaufend aktualisierte Online-Übersicht über die Gebiete, die als hydrogeologisch und wasserwirtschaftlich günstig zu beurteilen sind, bietet der GeothermieViewer des HLNUG. Im Falle der Einstufung hydrogeologisch oder wasserwirtschaftlich ungünstig, muss ein hydrogeologisches Gutachten vom HLNUG angefordert werden. Bei positiver Bewertung kann der Bau einer Erdwärmesonde trotzdem ermöglicht werden.
Unabhängig vom wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren ist für jedes Erdwärmesonden-Vorhaben zu prüfen, ob ein bergrechtlicher Betriebsplan für das Bohren oder eine bergrechtliche Bewilligung für den Betrieb der Erdsonde erforderlich ist. Das hängt unter anderem von der Leistung der Anlage, der Bohrtiefe und dem Abstand der Erdwärmesonde von der Grenze zum Nachbargrundstück ab.
Die Genehmigungsfähigkeit sagt nichts darüber aus, ob die Erdwärmenutzung an einem bestimmten Standort empfehlenswert bzw. wirtschaftlich ist. Hier spielen viele Faktoren ein Rolle. Zur Bewertung befragt man am besten einen Planer für Geothermieanlagen. Einen ersten Überblick zu den Faktoren Temperatur und Wärmeleitfähigkeit kann man sich beim Geothermieviewer der HLNUG verschaffen. In 23 Kommunen haben die LEA Hessen und das Hessische Landesamt für Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) im Auftrag Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum (HMWVW) für ausgewählte Wohngebiete „Steckbriefe“ für die Nutzung oberflächennaher Geothermie mittels Erdwärmesonden erstellt. Sie sollen Planern und Bauherrinnen und -herren als Entscheidungshilfe dienen.
Zur Erkundung der geologischen und geothermischen Situation an dem jeweiligen Standort wurden Erkundungsbohrungen und Temperaturmessungen an bestehenden Sonden durchgeführt. Auf der Seite des HLNUG können Sie die Steckbriefe einsehen.
Zu den Steckbriefen des HLNUGHessen besitzt auch ein Kompetenz-Netzwerk Geothermie. Seit 2007 fördert das Netzwerk den Austausch zwischen Expertinnen und Experten zu den neuesten Entwicklungen in der Geothermie. Ziel ist es, die Erdwärmenutzung in Hessen systematisch weiterzuentwickeln und auszubauen, Informationen aufzubereiten und Hemmnisse für die Umsetzung von Projekten zu beseitigen. In regelmäßigen Arbeitstreffen, werden Projekte zur oberflächennahen und auch tiefen Geothermie vorgestellt, neue Ansätze diskutiert sowie Strategien für die stärkere technologische Anwendung im Land Hessen entworfen.
Die Leitung des Netzwerks obliegt dem Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum (HMWVW), das bei der Durchführung von Projekten durch die LEA unterstützt wird.
Tiefergehende Informationen zu Geothermie in Hessen erhalten Sie beim Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HNLUG).
Zum HLNUG23.04.2025
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01.11.2023
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Projektleitung Erneuerbare Energietechnologien und Systemtransformation