Die Kinder sprühen vor Energie, das Gebäude leider auch: Ein zu hoher Wärmeverlust macht den Bau aus den 1970er-Jahren energieineffizient. Jetzt geht es mit einem Modernisierungsplan und zusätzliche Förderung durch die hessische Kommunalrichtlinie Energie in die Zukunft.

Individueller Sanierungsfahrplan
Kindertagesstätte, Neu-Isenburg
Eine Kindertagesstätte erwacht aus dem Dornröschenschlaf
Die Kindertagesstätte in Neu-Isenburg wurde im Jahr 1978 erbaut und auf einer Bodenplatte errichtet. Sie verfügt über eine Nettogrundfläche von 644 Quadratmetern. Die Raumaufteilung umfasst drei Gruppenräume mit angeschlossenen Sanitärbereichen sowie einen zentralen Turn- und Bewegungsraum. Die Gruppenräume sind über Flure miteinander verbunden, die sich in einem Flachdachbau befinden.
Die KiTa ist technisch stark überaltert, eine umfassende Sanierung oder Modernisierung hat bisher nicht stattgefunden. Die Fenster bestehen durchgehend aus zweifach verglastem Isolierglas aus dem Baujahr der KiTa. In den letzten Jahren kam es aufgrund undichter Stellen im Flachdach mehrfach zu Wasserschäden. Die Heizung erfolgt über ein Gas-Brennwertgerät, das sowohl Heizkörper als auch eine vollflächige Fußbodenheizung speist. Mobile Luftfiltergeräte mit Heizfunktion sind in verschiedenen Räumen installiert. Die Beleuchtung erfolgt hauptsächlich durch Leuchtstoffröhren. Die Lüftung des Gebäudes wird über eine Fensterlüftung realisiert.
Zeit für einen Modernisierungsplan, um Energieverbrauch und Komfort auf den heutigen Standard zu bringen. Auf Basis einer Ist-Analyse hat das Beratungsunternehmen HessenEnergie den günstigsten Energieeffizienzstandard, die staatliche Förderung und die künftigen Energieverbräuche errechnet. Wir stellen die Ergebnisse in Kurzform vor.
Den vollständigen Sanierungsfahrplan inklusive Umsetzungshilfe können Sie im Original hier herunterladen.
Sanierungsfahrplan (PDF)Energetischer Ist-Zustand: Probleme und Mängel
- Gebäudehülle: Keine außenliegende Dämmung der Wände und des Dachs.
- Fenster: Veraltete Zweifachverglasung mit erhöhten Wärmeverlusten.
- Dachkonstruktion: Undichte Stellen im Flachdach, unzureichende Wärmedämmung.
- Lüftung: Keine zentrale kontrollierte Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung.
- Heizung: Gas-Brennwertgerät, ineffiziente Wärmeverteilung.
- Stromverbrauch: Hoher Verbrauch durch veraltete Beleuchtung und ineffiziente Heizgeräte.
Gemessene Energieverbräuche
Die derzeitigen Energiekosten belaufen sich pro Jahr auf rund 25.000 Euro und entsprechen damit rund 39 Euro pro Quadratmeter und Jahr. Durch den Betrieb des Gebäudes werden jedes Jahr rund 40 Tonnen klimaschädliches CO2 freigesetzt.
- Mittlerer spezifischer Gasverbrauch: ca. 250 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr (kWh/m²a)
- Mittlerer spezifischer Stromverbrauch: ca. 28 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr
- Jährliche Energiekosten: ca. 25.000 Euro – zu diesem Zeitpunkt lag der Arbeitspreis bei 35 Cent pro Kilowattstunde für Strom und bei 12,5 Cent pro Kilowattstunde für Gas.
- Jährlicher CO2-Ausstoß: ca. 40 Tonnen
Empfohlene Modernisierungsmaßnahmen
Folgende Modernisierungsstandards schlagen wir vor:
- Außenwanddämmung: 20 Zentimeter Wärmedämmverbundsystem (WDVS) mit Wärmeleitgruppe (WLG) 032. Die Wärmeleitgruppe (WLG) sagt aus, wie gut ein Dämmstoff die Wärme „festhält“ – also wie gut er wärmt oder kühlt. Je kleiner die Zahl bei der WLG, desto besser ist die Dämmwirkung. Bei einer Fassadendämmung (WDVS) werden zum Beispiel häufig Materialien wie Styropor, Steinwolle oder Holzfasern verwendet. Für die Dachdämmung kommen oft Steinwolle, Holzfasern oder spezielle Schaumstoffe zum Einsatz. In einem Sanierungsfahrplan steht meistens nur, wie gut die Dämmung sein muss (also die WLG und der sogenannte U-Wert) aber nicht genau, welches Material später verwendet wird. Das liegt daran, dass der Plan erst einmal eine Empfehlung für die Energieeinsparung ist. Welche Materialien dann wirklich genommen werden, hängt von verschiedenen Dingen ab, zum Beispiel vom Preis, von der Verfügbarkeit oder den persönlichen Wünschen, und wird später bei der genauen Planung entschieden. In diesem Fall wurde Mineralwolle verwendet.
- Dachdämmung: 20 Zentimeter Wärmeleitgruppe (WLG) 032.
- Fensteraustausch: Dreifachverglaste Passivhausfenster.
- Heizung: Austausch des Gas-Brennwertgeräts durch eine 40 Kilowatt Luft-Wasser-Wärmepumpe.
- Lüftungssystem: Einbau einer zentralen Lüftungsanlage mit 80 Prozent Wärmerückgewinnung.
- Photovoltaikanlage: 20 Kilowatt-Peak (kWp) zur Eigenstromerzeugung.
- Beleuchtung: Austausch durch LED-Technologie.
Es wurden Szenarien für den Energieeffizienzstandard EG 55 EE und EG 40 EE entworfen.
Die Bezeichnungen EG 55 EE und EG 40 EE stehen für Energieeffizienzstandards im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Sie orientieren sich an den Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes (GEG). Das GEG gibt das Referenzgebäude und die Berechnungsmethoden vor. EG bedeutet Effizienzgebäude; die Zahl gibt an, wie energieeffizient ein Gebäude im Vergleich zu diesem Referenzgebäude ist. Ein EG 55 darf höchstens 55 Prozent des Jahresprimärenergiebedarfs des Referenzgebäudes aufweisen, während bei einem EG 40 nur 40 Prozent zulässig sind. Der Zusatz EE steht für Erneuerbare-Energien-Klasse, und bedeutet, dass mindestens 55 Prozent des Wärme- und Kälteenergiebedarfs durch erneuerbare Energien gedeckt werden.
Förderung von Bund und Land

Durch die Kombination von Förderungen des Bundes und des Landes Hessen sind zuwendungsfähige Kosten von bis zu maximal 90 Prozent für die Standards EG 55 und EG 40 förderbar. Neben der Kommunalrichtlinie Energie sind insbesondere die Förderprogramme zur BEG über die KfW in den Varianten als auszahlbarer Zuschuss (KfW 464) oder als zinsvergünstigter Kredit (unter zwei Prozent Zins) mit Tilgungszuschuss (KfW 264) von Bedeutung. Bei der schrittweisen Sanierung kann die BEG des BAFA in Anspruch genommen werden.
Sind Kommunen Mitglied in der Initiative "Hessen aktiv: Die Klima-Kommunen", profitieren sie von einer um 10 Prozent erhöhten Förderquote im Rahmen von Zuwendungen aus der Kommunalrichtlinie Energie. Für die schrittweise Sanierung der Kindertagesstätte wurde vor Beginn der ersten Maßnahme durch HessenEnergie ein Modernisierungsfahrplan erstellt (siehe "Kommunalrichtlinie Energie").
- KfW-Förderung: Zuschuss bis zu 40 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten.
- Kommunalrichtlinie Energie (Land Hessen): Bis zu 65 Prozent Zuschuss plus 10 Prozent Bonus für "Hessen aktiv: Die Klima-Kommunen".
- Gesamtförderquote: Maximal 90 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten.
Zuschüsse über die Kommunalrichtlinie Energie können mit den Förderungen des Bundes kumuliert werden. Die Richtlinie nimmt auch auf individuelle Gebäudestrukturen Rücksicht, und es sind nicht pauschal die Nettogrundfläche, sondern die tatsächlich zu sanierenden Bauteilflächen und die eingesetzten Baustoffe maßgeblich. Wird eine schrittweise Sanierung gewählt, erhöht sich die Förderquote für Einzelmaßnahmen um weitere zehn Prozent. Nähere Informationen dazu auch auf der Internetseite der WI Bank.
WI BankEine Sanierung auf dem Effizienzhausniveau EG 40 EE wird empfohlen, da die energetischen Mehrkosten im Vergleich zu einer Sanierung auf EG 55 meist nur gering sind, und sich durch die höhere Förderquote der KfW weitgehend ausgleichen lassen. Zudem haben viele öffentliche Gebäude – darunter auch Kindertagesstätten – eine Lebensdauer von mehr als 30 Jahren. Die Beschränkung des Betrachtungszeitraums auf 30 Jahre ist daher als sinnvolle Untergrenze zu verstehen, die in der Praxis häufig deutlich überschritten wird – wie auch beim betrachteten Kindergarten. Dies spricht umso mehr für die Entscheidung zugunsten des Standards EG 40 EE.
Zusammenstellung der Investitionskosten im Vergleich zur Referenz EG 55 EE |
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Investition |
Mehrkosten |
Einsparung Energie |
Amortisationsdauer |
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EG 55 EE |
767.745 Euro |
- |
- |
13 Jahre |
EG 40 EE |
816.724 Euro |
6,4 Prozent |
- 33,1 Prozent |
15 Jahre |
Genauere Angaben zur Amortisationsdauer finden Leserinnen und Leser in der „Energetischen Entscheidungshilfe für kommunale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ unter dem Punkt 5 „Sanierungsmaßnahmen“.
Einsparungen
Werden die Kosten der Modernisierungsmaßnahmen, die Förderungen und die Einsparungen gegenübergestellt, ergibt sich eine klare Empfehlung für eine Sanierung. Nach Berechnungen von HessenEnergie kann der Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid um 85 Prozent und der Energieverbrauch um über 90 Prozent reduziert werden, wie die Tabelle zeigt. Die Einspeisung von überschüssigem Strom ins öffentliche Netz wurde dabei nicht berücksichtigt. In der Tabelle wurde angenommen, dass die maximal mögliche Kumulation aller Förderungen und Boni erreicht wird.
Zudem haben die Expertinnen und Experten von HessenEnergie den Kostenunterschied zwischen einer vollständigen und einer schrittweisen Sanierung analysiert. Sie gehen davon aus, dass die einzelnen Maßnahmen – etwa ein neues Dach, neue Fenster, Dämmungen oder die Installation einer Wärmepumpe – im Abstand von jeweils zwei Jahren umgesetzt werden. Dadurch würde die schrittweise Sanierung insgesamt rund zehn Jahre in Anspruch nehmen.
Betriebskosten je Quadratmeter Nettogrundfläche |
Sanierungskosten beziehungsweise Instandhaltung je Quadratmeter Nettogrundfläche |
Förderungen Bund und Land je Quadratmeter Nettogrundfläche |
Gesamtkosten je Quadratmeter Nettogrundfläche |
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Werterhalt |
2.548 Euro |
933 Euro |
0 Euro |
3.481 Euro |
EG 40 EE Vollsanierung |
470 Euro |
1.268 Euro |
-964 Euro |
774 Euro |
EG 40 EE schrittweise Sanierung |
780 Euro |
1.757 Euro |
-797 Euro |
1.740 Euro |
Vorteil Vollsanierung |
- |
- |
- |
2.707 Euro |
Amortisationsdauer |
rund 15 Jahre |
- |
- |
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Vorteil schrittweise Sanierung |
- |
- |
- |
1.741 Euro |
Amortisationsdauer |
> 35 Jahre |
- |
- |
Die wirtschaftlichen Vorteile einer Gesamtsanierung gegenüber einer schrittweisen Umsetzung sind einleuchtend: Die schrittweise Sanierung bedingt Kompromisse bei der Auslegung der Anlagentechnik. Wird zuerst die Gebäudehülle gedämmt, so läuft die ineffiziente fossile Heizungsanlage länger, bis es zum Tausch der Heizungstechnik kommt. Wird die Heizungsanlage vorzeitig getauscht, bevor alle Baumaßnahmen der Gebäudehülle abgeschlossen sind, so ist diese größer auszulegen, um den erhöhten Bedarf bis zur Beendigung der schrittweisen Sanierung, decken zu können.
Fazit
Eine energetische Sanierung der Kindertagesstätte leistet einen großen Beitrag zur Reduzierung des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen. Das entlastet den kommunalen Haushalt. Durch die Eigenproduktion von Strom durch die PV-Anlage wird ein Teil der Energiekosten vom Markt entkoppelt. Doch nicht nur die Kostensenkungen sprechen für eine anspruchsvolle energetische Sanierung: Auch die Behaglichkeit und der Komfort werden gesteigert.