Hessische Mieter sparen Stromkosten mit dem Mieterstrommodell

Mieterstrommodelle produzieren den eigenen Strom in Mehrfamilienhäusern. Mieter können somit Ökostrom direkt beziehen und von langfristig günstigen und stabilen Preisen profitieren. Voraussetzung hierfür ist die Bereitschaft des Vermieters, mit Photovoltaik und Blockheizkraftwerken (BHKW) eigenen Strom günstig zu produzieren und den Mietern anzubieten.

Strombezieher sind oft der Überzeugung, dass Grüner Strom mehr kostet. Daher schrecken private Verbraucher vor einem Wechsel zu Ökostrom-Anbietern zurück. Da stellt sich umweltbewussten Verbrauchern die Frage: Was machen, wenn der Wunsch nach bezahlbarem Ökostrom vorhanden ist? Ein Wechsel des Anbieters bringt, wie eine aktuelle Untersuchung des „Marktwächters Energie“ der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) zeigt, meist nur im ersten Jahr einen echten Vorteil. Der Geschäftsführer der LandesEnergieAgentur Hessen GmbH (LEA), Dr. Karsten McGovern, erläutert: „Das Land Hessen möchte den Mietern den Zugang für Mieterstrom ermöglichen, um diese an der Energiewende direkt zu beteiligen. Die LEA berät Vermieter von größeren Wohnanlagen zu Möglichkeiten der Eigenstromproduktion und Vermarktung als Mieterstrom.“

Mieterstrom, Strom für alle Mieter?

Der Mieter als Verbraucher soll bei Neubauten oder bei der energetischen Sanierung der Wohnhäuser mit einer dezentralen, alternativen Stromerzeugung die Chance erhalten, zum Direktverbraucher zu werden. Das Mieterstromgesetz legt fest, dass in einem Vertrag mit dem Energieanbieter so ein langfristig stabiler Strompreis vereinbart werden kann, der bis zu zehn Prozent unter dem Strompreis des Grundversorgers am Ort liegt.

Werner Merkel, Vorstandsvorsitzender des Verbands der Immobilienverwalter Hessen e.V. erläutert die Grundbedingungen, die ein Wohnobjekt mitbringen muss, damit es für das Mieterstrommodell interessant ist. „Die Frage danach ist immer individuell zu beantworten. Bei Fragen zur Umsetzung des Modells wenden sich Eigentümer/Verwalter am besten an ihren Versorger oder einen spezialisierten Dienstleister. Diese haben bereits Erfahrungen mit Projekten solcher Art und können eine individuelle Umsetzbarkeit einschätzen. Grund hierfür ist die derzeit noch schwierige rechtliche Situation, welche durch die zurzeit laufende Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) zukünftig vereinfacht werden könnte. Zukünftig würde für die Zustimmung einer Wohnungseigentümergemeinschaft für die Errichtung einer Photovoltaik-Anlage eine einfache Mehrheit reichen. Insofern trifft man das Konzept „Mieterstrom“ derzeit eher bei Mietshäusern oder im Neubau an. Bei Neubauten ist der große Vorteil, dass das Konzept bereits in der Projektierung eingeplant wird. Dadurch kann man sowohl rechtlichen als auch technischen Problemen bereits vorher entgegentreten.“

Wie viele Wohneinheiten sind notwendig, damit ein Mieterstromprojekt projektiert werden könnte?

Nach den bisher gesammelten Erfahrungen geht man von mindestens elf Wohneinheiten aus, wobei die Wirtschaftlichkeit und Umsetzbarkeit grundsätzlich von zahlreichen Bedingungen abhängt. Erfreulich sind zwei aktuelle richtungsweisende Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH), in denen der Begriff der Kundenanlage, der gerade bei Mieterstromanlagen sehr relevant ist, neu definiert wird. Hierbei geht es um die Größe einer Kundenanlage und deren Lage. Innerhalb einer Kundenanlage müssen keine Netznutzungsentgelte bezahlt werden. Eine Grundlage für günstigen Mieterstrom.

Aus Sicht von Immobilienbesitzern kann das Mieterstrommodell Vorteile für den Vermieter und auch Mieter aufweisen. „Grundsätzlich resultiert daraus eine Kostenreduzierung für den Mieter und eine Wertsteigerung der Immobilie. In Zeiten des steigenden Klimabewusstseins wird der Einsatz Erneuerbarer Energien auch zu einer ideologischen Frage. Hier können vermietende Eigentümer sicherlich bei Mietern punkten. Außerdem profitieren die Mieter von günstigerem Strom, ein weiterer Pluspunkt für den Vermieter. Dies kann auch bei der Neuvermietung ein Argument sein – sowohl in der Stadt als auch in ländlichen Gebieten“, so Merkel.

Ausbau Erneuerbarer Energie: Mieterstrom als ein Baustein der Energiewende in Hessen

Dr. Thomas Engelke, Leiter Team Energie und Bauen Geschäftsbereich Verbraucherpolitik des Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., stellt die Notwendigkeit des Ausbaus auch von Mieterstromprojekten vor: „Mit dem Einsatz insbesondere der Elektromobilität und der Wärmepumpen im Mobilitäts- und Wärmesektor steigt zunächst einmal der Strombedarf, unabhängig davon, ob er aus erneuerbaren Quellen stammt oder nicht. Dieser zusätzliche Strombedarf steigt insbesondere dort, wo viele Menschen wohnen, also in größeren Städten und Ballungszentren. Bei einem Ausbauziel von 65 Prozent Anteil Erneuerbarer Energien am Gesamtstromverbrauch muss die Erzeugung von Grünstrom deutlich ausgebaut werden. Dazu bietet sich insbesondere auch der Ausbau entsprechender Kapazitäten in den Städten an, auch für Mieterstrom. Daher fordert der vzbv seit Jahren ein Mieterstromgesetz, das den Ausbau von erneuerbarem Strom unterstützt und nicht – wie bisher – eher behindert. Die Bundesregierung muss hier endlich tätig werden. Von Mieterstrom können alle Bewohner von Mehrfamilienhäusern profitieren.“

Praxisworkshop „Mieterstrom und Quartierversorgung“ am 15. Mai 2020 in Frankfurt

Die LEA lädt gemeinsam mit Netzwerkpartnern die interessierte Presse sowie Akteure von Mieterstrom und Quartiersversorgung wie Energiegenossenschaften, Kommunen, Stadtwerke, Energiedienstleister, Klimaschutzmanager, Wohnungsgesellschaften und Architekten zum Praxisworkshop „Mieterstrom und Quartierversorgung“ am 15. Mai 2020 in Frankfurt am Main ein.