Das Fachwerkmusterhaus in Wanfried.
© Diana Wetzestein
Fachwerkmusterhaus Wanfried

Das Fachwerkmusterhaus

In Wanfried arbeiten Stadtverwaltung, Bürger, Handwerk und Denkmalpflege erfolgreich zusammen. Das Interesse für den Erhalt der historischen Bausubstanz wurde neu entdeckt. Seit 2006 kümmert sich Initiative "Bürgergruppe für den Erhalt Wanfrieder Häuser" um die Vermarktung leerstehender Fachwerkhäuser und die Beratung bei energetischer Sanierung. von Diana Wetzestein

Diese Arbeit im Werra-Meißner-Kreis wurde zur stetigen, ehrenamtlichen Dienstleistung. Bis Ende 2022 konnten 75 Leerstände – die meisten davon in den denkmalgeschützten Kernbereichen der Ortschaften und der Stadt – beseitigt oder verhindert werden. Die Gruppe begleitet Interessenten bei der Suche nach der richtigen Immobilie, sie informiert über ökologische Baustoffe und berät bei Sanierung und Fragen zum Denkmalschutz.

Eigene Erfahrungen hat sie bei der im Jahr 2010 begonnen Sanierung des städtischen Fachwerkmusterhauses gemacht. Die Bürgergruppe lieferte dafür das Nutzungs- und Sanierungskonzept und nutzt das Musterhaus als Bauberatungszentrum für energetische Fachwerksanierung.  Gefördert wurde die Sanierung durch das Land Hessen.

Beratung bei Sanierungsmaßnahmen und mehr

In Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung vermittelt die „Bürgergruppe für den Erhalt Wanfrieder Häuser“ als neutrale Maklerin kostenfrei und ehrenamtlich vorwiegend Fachwerkhäuser zwischen Verkäufern und Kaufinteressenten. Bis zu zehn Personen verschiedener Berufsgruppen sind in der Bürgergruppe aktiv und stehen den Neubürgern auch nach dem Kauf mit Rat und Tat zur Seite.

Die unabhängige Beratung bevorstehender Sanierungsmaßnahmen, Konzepte, überschlägige Kostenschätzungen, die Kommunikation mit Denkmalschutzbehörde, Handwerksbetrieben und die Integration der „neuen Nachbarn“, sind nur einige der Aufgaben, die sich die Gruppe selbst gesucht und übernommen hat.

Die einstige „vergessene“ Fachwerkimmobilie zeigt musterhaft, das Fachwerk modernen Wohnraum im denkmalgeschützten Bestand bieten kann.

Die Arbeitsgruppe Fachliche Fragen in der Denkmalpflege im Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz (DNK) besucht das Fachwerkmusterhaus in Wanfried im März 2022.
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Die Sanierung des Fachwerk-Musterhauses wurde in enger Abstimmung mit Denkmalpflege, Architekten, Handwerk, Gruppenmitglieder und Eigentümerin realisiert. Das Gesamtkonzept, ein wohngesundes, energiesparendes Wohnhaus mit moderner Technik und modernen Wohnaccessoires, fand großen Anklang. Alle arbeiteten gemeinsam daran, dieses Ziel zu erreichen. Heute ist es Bauberatungszentrum und Kontaktstelle der Interessensgemeinschaft Bauernhaus e. V.

Im Mitmachseminar wird die Innendämmung durch Handwerker und Privatleute mit den ökologischen Baustoffen ausgeführt.
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Nach einem Rückbau aller Bausünden und dem Austausch maroder Hölzer der Fachwerkkonstruktion, wurde wieder aufgebaut. In Mitmachseminaren wurden beim Innenausbau Handwerker und Privatleute mit den ökologischen Baustoffen und Dämmtechniken eines Fachwerkhauses vertraut gemacht. Mut zur Eigenleistung und gemeinsam das Know-how einzelner teilen, war die Devise.

Die Innendämmung der innenliegenden Außenwände im Erdgeschoss wird im Küchen- und Badezimmerbereich mit einer Klimaplatte aus aufgeschäumtem Kalk ausgeführt.
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Die Innendämmung der innenliegenden Außenwände im Erdgeschoss wurde in einigen Räumen mit Dämmleichtlehm, einer Mischung aus Lehm, Kork und Kieselgur ausgeführt. Im Küchen- und Badezimmerbereich wurde die Klimaplatte aus aufgeschäumtem Kalk eingesetzt, da es dort zu einer hohen Luftfeuchtigkeit kommen kann und dieses Produkt die Feuchtigkeit besser aufnehmen und abgeben kann. In den Räumen im Obergeschoss wurden Holzfaserdämmplatten und Klimaplatten für die Innendämmung verwendet. In Musterfeldern werden auch Materialmischungen aus Glasgranulat und Lehm oder Hanfschäben und Kalk ausgestellt.

Die Dämmung der oberen Geschossdecke. Im Musterhaus werden verschiedenen Dämmstoffen aus Holzfasern und Hanffasern verbaut.
© Diana Wetzestein

Die Dämmung der oberen Geschossdecke wurde mit verschiedenen Dämmstoffen aus Holzfasern und Hanffasern ausgeführt. Gerade die Dachgeschossbodendämmung ist eine effektive Art, um Energie einzusparen. Neben Hanf oder Holzfaser werden auch Schafwolle, Seegras Glasschaumgranulat und vieles mehr dafür eingesetzt. Die im Geschossboden eingebrachten Dämmmatten könnten bei einem späteren Dachbodenausbau auch als Zwischensparrendämmung verwendet werden. Die natürlichen Dämmstoffe bieten zudem einen hervorragenden Hitzeschutz.

Die Haustür wird von alten Farbresten befreit, Risse und Schadstellen beseitigt und die Tür mit Leinölfarbe gestrichen.
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Die Haustür wird von alten Farbresten befreit, Risse und Schadstellen beseitigt und die Tür mit Leinölfarbe gestrichen. Das Farbkonzept basiert auf alten Farbbefunden, die während der Restaurierung zum Vorschein kamen. Die Farbigkeit des Hauses wurde im Gesamtkonzept mit der Denkmalpflege abgestimmt.

Die über die Jahrhunderte ausgetretene, steile Bodentreppe wurde überbaut, die Hohlräume mit Stopfhanf gedämmt. Diese Arbeit wurde in Eigenleistung durchgeführt.
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Die über die Jahrhunderte ausgetretene, steile Bodentreppe wurde überbaut, die Hohlräume mit Stopfhanf gedämmt. Diese Arbeit wurde in Eigenleistung durchgeführt. Die Treppe zum ersten Obergeschoss stammt aus den 1970er Jahren. Sie wurde abgeschliffen, geölt und mit einem LED-Lichtband in Szene gesetzt.

Im Fachwerkmusterhaus Wanfried wird der neue Dielenboden verlegt.
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Im Fußboden der ersten Etage wird ein Holzboden aus Rauspundbrettern verlegt. Der Untergrund wurde mit einer Trittschalldämmung aus einem Hanf-Produkt versehen, der sogenannten Schallschüttung. Sie kann unter Dielen, Holzfußboden, Verlegeplatten und Estrich eingestreut werden und ist Schall und Wärmedämmung.

Die Strahlungsheizkörper hängen an den Innenwänden des Fachwerkmusterhauses.
© Diana Wetzestein

Im Fachwerkmusterhaus sind Strahlungsheizkörper eingebaut worden. Diese benötigen eine geringere Vorlauftemperatur. Damit ist das Haus gut auf eine Umrüstung der Gastherme auf eine Wärmepumpe vorbereitet. Aufgrund der guten Dämmung wurden die Energieverbräuche derart reduziert, dass es möglich ist, die Wärmepumpe einzusetzen.